Die am Gipfel einer der Berge von Flandern (136 Meter über dem Meeresspiegel) gelegene Stadt befindet sich in einer strategischen Zone. Etwa 40 Kilometer östlich liegt die belgische Stadt Ypres, die während des gesamten Krieges den Schauplatz schrecklicher Kämpfe bildet. Trotz ihrer eher bescheidenen Größe bildet die Stadt Cassel innerhalb von kurzer Zeit das Zentrum eines Sektors, in dem zahlreiche Infrastrukturen eingerichtet werden. Sie begrüßt desweiteren zahlreiche, hochrangige, französische und britische Militärangehörige, die für die Koordinierung der Aktionen der Armeen der Alliierten in dieser Zone zuständig sind.

Am 24. Oktober 1914, als die Schlacht von Yser (17.-31. Oktober 1914) stattfindet, richtet der General Ferdinand Foch (1851-1929) hier sein Hauptquartier ein. Er ist nunmehr für die Koordinierung der Armeen der Alliierten im Departement "Nord" zuständig. Der bisher in Doullens (Departement "Somme") ansässige General Foch entscheidet sich dazu, sich gen Norden zu bewegen, wohingegen sich die Entente-Truppen (Frankreich, Russisches Reich und Britisches Reich) und die Truppe der Allianz (Mittelmächte) am "Wettlauf zum Meer" beteiligen. Hierbei handelt es sich um den Moment, in dem sich die kriegführenden Armeen nach der Blockierung des deutschen Vormarsches bei der Schlacht an der Marne in Richtung Nordsee zurückbewegen und hierbei versuchen, sich gegenseitig zu überholen. Diese Bewegungen dienen dazu, den Feind zu umkreisen. Für die Deutschen bedeutet dies, die Offensive wieder einzuleiten, wohingegen die Armeen der Alliierten hierbei den Vormarsch der feindlichen Truppen aufhalten wollen.

Durch die Auswahl von Cassel will Foch sich an das britische Oberste Hauptquartier von Saint-Omer (Pas-de-Calais) annähern, das zu dieser Zeit von Sir John French (1852-1925) geführt wird. Er richtet sein Büro im ersten Stockwerk des Hotels "Hôtel de la Noble-Cour" auf dem Platz "Grand Place" ein. Unter der Aufsicht seines Generalstabschefs, dem Oberst Weygand, werden hier insgesamt 23 Offiziere tätig. Eine Zusammenarbeit mit der britischen Armee wird auf Anregung von General Henry Wilson schnell in die Tat umgesetzt. Der General Foch verlässt Cassel im Juni 1915.

Zu diesem Zeitpunkt wird auch ein britisches Hauptquartier in Cassel eingerichtet. Es wird vom General Herbert-Charles Plumer (1857-1932) geleitet. Dessen Büroräume befinden sich im Kasino. Zeitzeugenberichte erörtern die Umwandlung des Rathauses "Hôtel de Ville" in eine Gefängnisstätte für deutsche Gefangene, in der diese auch verhört werden. Schließlich wird im November 1917 erneut eine französische Mission in Cassel eingerichtet.

Während des gesamten Krieges treffen die Soldaten folglich auf eine Zivilbevölkerung, die von der Nähe der Front nicht zu einer Abreise bewegt worden sind. Diese behalten eine bewegte Erinnerung von der Anwesenheit der Person, die später als Marschall Foch bzw. Maréchal Foch bekannt werden sollte. Obwohl nicht nur positive Erinnerungen mit der britischen Präsenz verbunden werden, hat diese während dieser Zeit dennoch ein gewisses Maß an Vertrautheit zwischen der Zivilbevölkerung und den Briten entwickelt. Ein bekannter, britischer Soldat hat hierbei eine lebendige Erinnerung an seinen Aufenthalt in Cassel behalten. Hierbei handelt es sich um William Orpen (1878-1931), einem Maler, dessen Werke, auf denen die flämische Stadt dargestellt wird, in der Gegenwart im "Imperial War Museum" (London) aufbewahrt werden. Eines seiner Werke präsentiert die teilweise freundlichen oder auch intimen Beziehungen zwischen der Zivilbevölkerung und den Soldaten. Orpen stellt uns in seinen Memoiren eine Beschreibung des Hotels "Hôtel du Sauvage" in Cassel bereit: "Das kleine Hotel "Hôtel Sauvage"… war jede Nacht komplett – bei den meisten handelte es sich um aus Saillant [d'Ypres] stammende Kämpfer, die sich hier einige Stunden lang aufhielten, um zu essen, zu trinken, Klavier zu spielen und zu singen, um das Elend und den Schrecken der Kämpfe einen Moment lang vergessen zu können(…)".

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  • Descamps Henri-Maurice (1878-1965), 1914: Der General Foch, der Oberst Weygand, der Leutnant Tardien und der Hauptmann Fournier führen ein Gespräch in Cassel, 1914, Glasplatte, "Fonds photographique patrimonial Descamps" – Stadt Cassel

  • Descamps Henri-Maurice (1878-1965), Britische Offiziere, erstes Viertel des 20. Jahrhunderts, Glasplatte, "Fonds photographique patrimonial Descamps" – Stadt Cassel

  • Orpen William (1878-1931), The courtyard, Hotel Sauvage, Cassel, Nord, 1917, © Imperial War Museums (Art. IWM ART 2992), London

  • Descamps Henri-Maurice (1878-1965), Ein Umzug indochinesischer Soldaten auf dem Platz "Grand Place de Cassel" Anfang 1919, 1919, Fotografie, © Cassel, Museum "Musée départemental de Flandre"

    Nach Ende des Konfliktes werden nicht alle Soldaten umgehend abgezogen. Dieser Vorgang erstreckt sich über mehrere Monate. Ehemalige Kämpfer und die Zivilbevölkerung treffen folglich weiterhin aufeinander, wie in diesem Beispiel, in Cassel, anlässlich einer Feierlichkeit (wahrscheinlich dem Chinesischen Neujahrsfest).

General FochBritische OffiziereThe courtyard, Hotel SauvageEin Umzug indochinesischer Soldaten